Mittwoch, 6. Mai 2015

Resümee der BR-Reise 2015


Schlussbemerkungen zur Brasilienreise
Einige Wochen nach Abschluss der Reise wurden die Teilnehmer gebeten ein persönliches Resümee zur Brasilienreise zu ziehen. Hier nun der Versuch einer Zusammenfassung:
Ø  Man kann die Reise nicht mit den Attributen „schön“,  „gut“ oder gar „schlecht“ beschreiben. Dafür war das, was wir gesehen haben, oft zu schockierend.  Für alle bot die Reise viele Erfahrungen, die sie auf keinen Fall missen möchten.
Ø  Bedrückend war es, zu sehen, unter welchen unvorstellbaren Bedingungen viele Menschen am Rande der Gesellschaft leben und arbeiten müssen. Wir kamen in Bereiche, in die man als Tourist nicht kommt und wohin man sich auch nicht trauen würde. So aber haben wir das wahre Leben vieler Brasilianer gesehen.
Ø  „Mut machend“ war es, zu erleben, dass Kirche auch zu den „Menschen am Rande der Gesellschaft“ geht und nicht nur mit ihnen Gottesdienst feiert, sondern auch Hilfe zum Überleben gibt.
Ø  Beeindruckend  war die Reise, weil wir erleben konnten, dass sich so viele junge Menschen in den Projekten engagieren. Die Mitarbeiter in den Projekten sind in ihren Fachgebieten genauso gut ausgebildet wie entsprechende Mitarbeiter bei uns in Deutschland. Oftmals  gehen sie bei der Lösung der Probleme viel stärker auf die Ursachen  ein, als das bei uns der Fall ist, indem die Familien / Mütter mit einbezogen werden.  Beeindruckend auch der Glaube an eine bessere Zukunft und die Bereitschaft, sich dafür einzusetzen.
Ø  „Herzlichkeit“  Es war berührend, wie wir überall herzlich empfangen wurden sowohl in den jeweiligen Projekten als auch in den Gottesdiensten der Gemeinden  am Palmsonntag in Campo Formoso, bei den Kleinbauern in der Nähe von Cajazeiras am Karfreitag  und Karsamstag in Recife. 
Ø  Sichtbare Ergebnisse zur Verbesserung der Lebenssituation konnten wir feststellen (siehe den Bericht von der „Illha  der Deus“). Oder die Arbeit der CPT Landpastoral in Cajazeiras, die hilft, dass Kleinbauern Grund und Boden zur Bewirtschaftung  bekommen.  Aber auch in den anderen Projekten wird die Arbeit von den Eltern, den kommunalen Verwaltungen, Parlamenten und anderen Institutionen anerkannt und unterstützt.
Ø  „Die Spenden kommen an!“: Wir können etwas bewirken. Oft sind die Spenden des Aktionskreises gar nicht so hoch, aber sie sind ein Grund, dass auch kommunale Verwaltungen in Brasilien ihren Anteil dazu geben. Die Projekte sind also nicht nur von einem Geldgeber abhängig. Das ist gut so, denn der Aktionskreis weiß jetzt nicht, wie viel Geld im nächsten Jahr bei Sammel- oder Spendenaktionen zusammenkommt.  Auf die Überweisungen des Aktionskreises können sich die Projektpartner jedenfalls verlassen, was man von den kommunalen Geldgebern oft nicht sagen kann. 
Ø  „Die Sternsinger“:  Viele Projekte des Aktionskreises sind auch Kooperationsprojekte mit dem Kindermissionswerk. Das bedeutet, dass sie vom Kindermissionswerk geprüft und zusätzlich gefördert werden. In der Praxis sieht das dann so aus: Der Aktionskreis überweist  z.B. vierteljährlich eine bestimmter Summe für ein bestimmtes Projekt an das Kindermissionswerk. Diese wiederum erhöhen die Summe um 15% und überweisen den neuen Betrag an das Projekt in Brasilien. Das Sternsingerlogo konnten wir in vielen Projekten neben dem Logo des Aktionskreises sehen.
Ø  „Partnerschaft auf Augenhöhe“: Die Projektpartner spüren und wissen, dass ihre Arbeit  nicht nur in Brasilien sondern auch von den Freunden in Deutschland gesehen wird. Andererseits wissen sie auch – z. T. durch ihre Besuche in Deutschland, - welche Anstrengungen  hier notwendig sind, um die Spenden zusammenzubringen.  Über die Arbeit des Aktionskreises konnte Udo Lohoff auch an der Uni in Recife berichten.
Ø  „Lieber das Geld spenden anstatt nach Brasilien zu reisen?“  Eindeutige Antwort der Reiseteilnehmer: „ Nein! Sinn und Zweck der Reise wären so nicht erfüllt gewesen!“  Gerade durch das  Leben mit den Menschen vor Ort kann man deren Lebenswirklichkeit erfahren. Wir haben mit ihnen gegessen, getrunken und gelegentlich gefeiert.  Nur wenn man die Einschränkungen vor Ort erlebt, kann man sich in die Lebenswelt der Menschen hineinversetzen, die unsere Hilfe oft dringend benötigen.
Ø  Vernetzung:  Erstaunt waren wir, zu sehen, wie die Projektpartner und der Aktionskreis in Brasilien vernetzt sind. Das ist notwendig für den Erfolg der Arbeit.
Clemens Driever, Lengerich - Hermann Kampeling, Papenburg - Bettina u. Andreas Röttger, Dinslaken - Eckart Deitermann, Nordhorn - Klaus-Jürgen Plaß, Bad Bentheim - Irene Corts, Remscheid - Manfred Hoppe, Warendorf - Monika Schmiemann, Ahaus - Helena Schmiemann, Bonn - Alwine u. Paul Mensing, Heek-Nienborg - Maria u. Udo Lohoff, Hörstel.
Bei Interesse, hier gibt es noch mehr zu lesen:
Der sehr ausführliche Blog der mitreisenden Lehrerin Bettina Röttger von der Ernst-Barlach-Gesamtschule in Dinslaken unter: https://ebgs.de/home/


Dienstag, 5. Mai 2015

Das Menschenrechtszentrum in Nova Iguaçu


Nach einer sehr kurzen Nacht landen wir am 8. April wieder in Rio, dem Ausgangspunkt unserer Reise auf brasilianischem Boden. Von den Mitarbeitern des Menschenrechtszentrums  in Nova Iguaçu werden wir vom Flughafen abgeholt.  
Das Menschenrechtszentrum ist eine Abteilung der Diözese von Nova Iguaçu (etwas nördlich von Rio de Janeiro) und entwickelt eine Reihe von Programmen im sozialen und pastoralen Bereich.
Menschenrechte – ein heikles Thema in einem von Korruption zerfressenen Land, in dem man nach Helder Camara ein Christ ist, wenn man auf die Armut im Land hinweist, und ein Kommunist, wenn man sagt, warum es diese Armut gibt. Das antwortete er jedenfalls seinen Gegnern, die ihn und seine Arbeit in die Nähe des Kommunismus rücken wollten. Wir besuchen die Kathedrale von Nova Iguaçu und das Grab von Dom Adriano Hypólito, der die Arbeit in der Diözese von 1966 – 1994 prägte. Mehrfach wurden auf ihn Anschläge ausgeübt. 1978 hat ihn die Militärregierung  z.B. mit dem Auto von der Straße abgedrängt, ihn nackt ausgezogen und mit roter Farbe übergossen. 1979 gab es einen Anschlag auf den Altar der Kathedrale von Nova Iguaçu, Bilder, die damals um die Welt gingen. “Das einfache Volk hat mich bekehrt”, sagte er damals. Sein Glaube hatte eine zunehmend politische Dimension. Er ließ sich nicht davon abhalten, für die Rechte der Armen zu kämpfen. Heute treffen wir auf Bischof Luciano Bergamim, der die Arbeit seines Vorgängers weiterführt. “Eure Hilfe lässt uns frei arbeiten”, bedankte er sich für die finanzielle Unterstützung des Aktionskreises Pater Beda.
Die Arbeit des Menschenrechtszentrums:
·      Menschenrechtskurse im Haus
Rechtsbeihilfe nicht nur in Besitzfragen sondern auch in anderen Bereichen, in denen der Staat nicht funktioniert, wie z. B im Gesundheitswesen, wenn es um die Beantragung von Medikamenten für chronisch Kranke geht.
·      Aufbau einer dezentralen Rechtsberatung im Vorfeld von Prozessen.
·      Schulbesuche mit Projektunterricht zum Thema „Kultur des Friedens”.
·      Eng arbeitet das Menschenrechtszentrum auch mit dem Zeugenschutzprogramm für 80 Personen unter der Leitung von Maria de Aparecida zusammen. Menschen werden ermutigt anzuzeigen, wenn ihnen Unrecht widerfährt, sei es durch Drogenkartelle oder andere Milizen. Sie riskieren ihr Leben.
·      und last but not least ist dem Menschenrechtszentrum auch ein Kinderheim angegliedert, in das Kinder aufgenommen werden, die familiäre Gewalt erleiden. Innerhalb von 2 Jahren versucht man hier mit ihnen neue Perspektiven aufzubauen. Entweder werden sie nach erfolgreicher Arbeit mit den Angehörigen wieder in die Familien integriert oder aber auch an Pflegefamilien vermittelt. Vera Christina, Rechtsanwältin und Pädagogin leistet hier ausgezeichnete Arbeit:     
Nova Iguacu hatte und hat infolge der fehlenden Entwicklung des Hinterlandes einen starken Zuzug vor allem aus dem Nordosten Brasiliens. Das Resultat: Favelas und illegale Besetzungen. Eine der Hauptaufgaben des Menschenrechtszentrums ist es, diese urbanen Besetzungen zu legalisieren. Hierfür wurde ein Rechtsbeistand eingerichtet, der die Menschen im Kampf um die Legalisierung ihres Wohnens begleitet.
Am Tag unserer Abfahrt sehen wir uns noch das Gelände eines ehemaligen Hospitals an, auf dem nun nach einer 10 jährigen Geschichte von Besetzung und Versprechungen im Juni 800 Appartements im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus fertiggestellt werden. “Minha casa, minha vida” nennt sich das staatlich geförderte Programm.
60 Familien, die das Menschenrechtszentrum seit Jahren in ihrem Kampf unterstützt, werden hier in 40 Quadratmeter großen 3-Zimmer-Wohnungen ein neues Zuhause finden können. Dafür zahlen sie 10 Jahre lang 80 Real (25,00 €) monatlich.
Am Schluß ging es noch für einen Tag nach Rio de Janeiro, um auch manche touristische Ziele zu besuchen. Hierbei durfte das Maracana-Stadion und die Christus-Statue auf dem Corcovado nicht fehlen.












Montag, 4. Mai 2015

Pfarreien-Partnerschaft Ahaus – Nova Iguaçu

Von Recife aus geht es direkt nach Rio de Janeiro und Nova Iguacu, wo das Bistum und dessen Menschenrechtsarbeit unsere Anlaufstelle ist. In den Tagen in Nova Iguaçu wurde aber auch die Pfarreien-Partnerschaft zwischen der Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt in Ahaus/Münsterland und die Herz-Jesu-Gemeinde in Nova Iguaçu neu belebt. Diese Partnerschaft besteht schon seit 30 Jahren und benötigte wieder einmal persönliche Begegnungen. Monika Schmiemann aus Ahaus und ihre Tochter Helene Schmiemann haben sich bei zwei Gelegenheiten mit der Situation der Pfarrgemeinde und der Partnerschaft intensiv auseinander gesetzt. Pfarrer Paulo Pires ist erst seit zwei Monaten der Pfarrer vor Ort und versuchte, gemeinsam mit den engagierten Kräften der Pfarrei, die pastorale und soziale Arbeit in der Gemeinde darzustellen. Jetzt kennt man sich besser und so wurde ein guter, neuer Grundstein gelegt, um die Partnerschaft zu beleben und auf den aktuellen Stand zu bringen. Es liegt nun am weiteren intensiven Austausch zwischen den einzelnen Personen und Aktivitäten in den beiden Gemeinden.












 

Projektbesuch bei der "Casa Menina Mulher" in Recife


Die Förderung von Mädchen und Frauen aus ärmsten Verhältnissen im Alter von 16 – 24 hat sich dieses seit 1991 bestehende Projekt auf die Fahnen geschrieben. Deren Ausbildung und eine anschließende Beschäftigung ist vorrangiges Ziel des dreiköpfigen Teams Lourdinha (Sozialarbeiterin), Claudia (Öffentlichkeitsarbeit) und Rômulo, der für Buchführung und Einkäufe zuständig ist.
Voraussetzung für die Aufnahme im Projekt ist der Besuch der öffentlichen Regelschule, trotz ihres mangelhaften Systems. Es werden ausschließlich Mädchen und junge Frauen aufgenommen, die bisher in einem Umfeld von Gewalt, unwürdigen Behausungen und in extremer Armut aufgewachsen sind. Ein Teil dieser Jugendlichen kommt durch Vermittlung des städtischen Amtes für Jugendschutz ins Projekt. Die Mitarbeiter achten auf die Einhaltung der Pünktlichkeit, absolutes Drogenverbot, angepasste Kleidung und legt besonderen Wert auf das soziale Verhalten untereinander und dass die jungen Leute ihren Wert und ihre Würde erfahren. Das geschieht u.a. durch die Förderung ihrer Kreativität in Musik und Tanz. Darüber hinaus bekommen die Mädchen klassischen Förderunterricht, Informatikunterricht,  und andere berufsbildende Kurse.
Von deutscher Seite wird das Projekt vor allem vom Papenburger Brasilien-Freundeskreis unterstützt, der auf unserer Reise von Hermann Kampeling vertreten wird. Zur Freude aller überreicht er dem Projekt eine Gesamtsumme von 12355,- Euro inklusive eines Schecks vom dort ortsansässigen Baumarkt bauxpert Schulte: Mit diesem Geld werden drei weitere sechsmonatige Kurse (5 Monate Schule, 1 Monat Praktikum) für jeweils 15 Frauen aufgelegt, in denen sie zu Bürogehilfinnen ausgebildet werden. Damit haben sie sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Durchschnittlich überweisen die Papenburger seit 2008 über den Aktionskreis Pater Beda jährlich etwa 6000 Euro an das Casa Menina Mulher.











Donnerstag, 30. April 2015

Auf der Insel "Ilha de Deus" in Recife


Wir besuchen das Projekt „Saber viver“ das bedeutet „zu leben wissen“. Mit Hartnäckigkeit, langem Atem, durch viel Eigenleistung und Eigeninitiative haben es die Bewohner geschafft, ihre Lebensverhältnisse enorm zu verbessern. Seit 1985 unterstützt der Aktionskreis dieses Projekt durch monatliche Spenden. „Weil man an uns geglaubt hat, hatten wir die Kraft, durchzuhalten“ sagen uns die Verantwortlichen des Projektes Edy Rocha und Nalvinha Pedro da Silva.
Einige Reiseteilnehmer erinnern sich, wie diese Insel noch vor etwa 6 Jahren aussah: Pfahlbauten für etwa 2000 Einwohner boten auf der Insel keinen schönen Anblick. Einige dieser Hütten konnten wir noch besichtigen. Die meisten notdürftigen Hütten wurden inzwischen durch ein- bis zweigeschossige Häuser aus Ziegelsteinen ersetzt, die den Bewohnern die Grundlage für ein menschenwürdiges Leben bieten. Die Holzbrücke zur Insel wurde durch eine feste Betonbrücke ersetzt. Das Schulgebäude wurde vergrößert und saniert, so dass die Bildungsarbeit verbessert werden konnte. Die Jugendlichen spielen in verschiedenen Fußballclubs von Recife und haben gelernt, dass sie nur Leistungen bringen können, wenn sie keine Drogen nehmen. Die Insel war früher eine der kriminellsten Ecken von Recife. Heute ist sie fast frei von Drogen und Kriminalität. Dazu tragen auch die vertrauensstiftenden Maßnahmen der Polizei bei. Mit Sport, Musik, Tanz, Theater und anderen Freizeitangeboten kümmert man sich um die Jugendlichen. 










Mittwoch, 15. April 2015

Bei der "Gemeinschaft der Kleinen Propheten"

Bei der Vielzahl der Aktivitäten, die wir in Recife besuchen konnten, darf die "Comunidade dos Pequenos Profetas", also die Gemeinschaft der Kleinen Propheten nicht fehlen. Der Gründer und Leiter dieses Straßenkinder-Förderprojektes, Demétrius, arbeitet schon mit seinem Team über 30 Jahre mit und unter den Kindern und Jugendlichen, die die Straße zu ihrer "Heimat" gemacht haben. Demetrius versucht seit den 80-iger Jahren den jungen Menschen, die von der Gesellschaft Brasiliens ausgestoßen wurden, eine menschenwürdige Aufnahmestelle zu geben, damit sie so vielleicht doch noch von der Straße loskommen. In der Institution werden verschiedene Werkstätten, Unterricht, psychologische und medizinische Betreuung angeboten. Hier können sich die jungen Menschen, die sonst auf der Straße um ihr Überleben kämpfen müssen, waschen, satt essen und an den Aktivitäten im Haus teilnehmen. Bei unserem Besuch erzählten wir von unserem Leben und unserer Solidaritätsarbeit mit den Sozialprojekten in Brasilien und die Kinder und Jugendlichen erzählten uns, solange sie sich konzentrieren konnten, von ihrem harten Leben auf der Straße. Eine beeindruckende und wichtige Arbeit, die viel Kraft und Ausdauer abverlangt. Demetrius ist stets auf der Suche nach neuen Helfern und Unterstützern für seine Arbeit, damit diese Straßenkinder doch noch eine Zukunft haben. Ohne Hilfe werden sie sonst doch nicht viel älter als 25-30 Jahre. Das Leben auf der Straße ist zu hart für sie.